ZHAW-Hochschulbibliothek – Beyond Psssst
Ein Film zur Bibliothek der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften – charmant und witzig! (Gefunden via Netbib Weblog)
Ein Film zur Bibliothek der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften – charmant und witzig! (Gefunden via Netbib Weblog)
„Wenige Bücher haben auf die Deutsche Welt einen so bestimmten Einfluss geübt, als die Schriften meines verstorbenen Freundes.“
Ludwig Tiecks Worte1 zeugen vom beträchtlichen Einfluss, den der am 2. Mai 1772, heute vor 250 Jahren, als Georg Philipp Friedrich von Hardenberg auf Schloss Oberwiederstedt geborene Novalis in seiner kurzen Schaffenszeit auf andere Schriftsteller, Maler und Komponisten ausgeübt hat.2
Während der vorliegende Beitrag zwar nicht auf Novalis’ Leben und Werk eingehen oder seine Wirkungsgeschichte nachzeichnen kann, richtet sich der Fokus auf den Bestand seiner Schriften in der historischen Bibliothek des Ratsgymnasiums Bielefeld.
Beim ersten Blick in den Zettelkatalog der heute über 25.000 Bände zählenden Schulbibliothek wird man indes jäh enttäuscht. Darin findet sich allein eine dreibändige, durch Friedrich Schlegel, Ludwig Tieck und Eduard von Bülow herausgegebene Werkausgabe der Jahre 1837 und 1846, aus der auch Tiecks einleitenden Worte und Friedrich Eduard Eichens‘ berühmter Stich des Beitragsbildes entnommen sind.3 Wie erklärt sich diese Beobachtung vor dem Hintergrund der Bestandsentwicklung der Lehrerbibliothek? Welche Rückschlüsse lässt das wiederum auf die Bibliotheks- und Bildungsgeschichte des 19. Jahrhunderts zu?
Die im Zuge der Aufklärung 1753 durch den damaligen Rektor Gotthilf August Hoffmann gegründete Schulbibliothek4 zählte bis zum Jahr 1815, als Frankreich und Napoleon gerade besiegt, die zu Preußen gehörige Provinz Westfalen gegründet und August Krönig zum Direktor des Bielefelder Gymnasium ernannt worden waren, weniger als 440, weithin unbedeutende Bände. Dass anschließend infolge der Auflösung des örtlichen Franziskanerklosters im Jahre 1829 mit der Integration zahlreicher Bücher aus der Klosterbibliothek überwiegend theologische Werke, darunter auch die sieben Handschriften und zahlreiche Inkunabeln, in die Schule gelangt sind, liegt auf der Hand.5
Parallel zu dem von Krönig forcierten Ausbau der Schule zu einem neuhumanistischen Gymnasium im Sinne Wilhelm von Humboldts und Johann Wilhelm Süverns ließen die preußischen Behörden der Einrichtung zahlreiche altphilologische Werke zukommen. Den dritten Schwerpunkt neben Religion und Altphilologie bildeten in Zeiten der repressiven Politik der Restauration historische Werke, insbesondere diejenigen, welche die politischen und militärischen Erfolge der Hohenzollern betonen und damit sowohl deren dynastische und staatliche Legitimität als auch die Obrigkeitstreue und politische Integrität der Lehrkräfte sicherstellen sollten.6
Ein ähnliches Bild zeigt sich bei den jährlichen eigenen Buchanschaffungen aus Zinsen oder zusätzlichen Geldern seitens der Stadt. 41 der 72 nach 1815 angeschafften Titel sind den alten Sprachen und der Geschichte zuzurechnen. Werke der deutschen Literatur finden sich bloß in wenigen Ausnahmen wie in Textausgaben des Nibelungenliedes.7
Schließlich orientierten sich auch private Buchstiftungen zumeist an klassischen Bildungsvorstellungen mit Werken der Altertumswissenschaften und der Geschichte. „Insbesondere die gebildeten und besitzenden Bielefelder zeigten so bis Anfang des 20. Jahrhunderts die enge Verbundenheit mit ,ihrem‘ Gymnasium und seinem Bildungsauftrag.“8
Das alles erklärt die Dominanz zunächst der altsprachlichen Literatur, die im Jahr 1842 unter den fast 2.000 Bänden der Schulbibliothek mehr als 40 Prozent ausmachte, gefolgt von der Geschichte mit mehr als einem Viertel.9
Wie aber sind die drei kleinen Bände mit Novalis‘ Schriften in die Bibliothek gelangt? Unter den fortlaufenden Nummern 5240 und 5241 zählen sie zum Erbe der ca. 7.000 Bände umfassenden Privatbibliothek des Bonner Historikers Johann Wilhelm Loebell, der als kinderloser Gelehrter nach seinem Tod im Jahre 1863 seine Büchersammlung der Schule vermacht hat.10 Für Loebell bedeutete humanistische Bildung eben nicht allein Kenntnis der alten Sprachen und Geschichte, sondern auch die der jeweiligen Nationalliteraturen.11
Man darf daher zusammengefasst festhalten, dass auf der einen Seite Novalis zu Loebells festem Bildungskanon zählte, während auf der anderen Seite die Lehrerbibliothek des humanistischen Gymnasiums aus Gründen des Schulprofils und der historisch-politischen Rahmenbedingungen bis zur Erbschaft seiner Privatbibliothek schlichtweg über keine geschlossene Literatursammlung verfügte. Mit Blick auf die hier exemplarisch untersuchten Werke von Novalis gab es also bis 1863 keine Romantik in der Schulbibliothek.
Trifft diese etwas überraschende Beobachtung auch auf alle anderen Autoren und Werke der Romantik zu, von Novalis‘ Freunden Friedrich Schlegel und Ludwig Tieck bis hin zu Heinrich Heine? Ein Blick in den Bücherbestand der Schulbibliothek an deren runden Geburtstagen wird es jeweils zeigen…12
Beitragsbild
Frontispiz aus Novalis. Schriften. Hrsg. von Ludwig Tieck und Ed. v. Bülow. Dritter Theil. Berlin 1846 (Bielefeld Gy/ Loebellsche Bibliothek, Nr. 5241).
Anmerkungen
Diesen Artikel zitieren: Benjamin Magofsky, “Romantik in der Schulbibliothek I – Novalis zum 250. Geburtstag (2. Mai 1772)”, in bibliotheca.gym, 02/05/2022, https://histgymbib.hypotheses.org/?p=12886.
Artikel in der Neuen Zürcher Zeitung über den Wert des Taschenbuchs und das Geschäftsmodell eines Open Access bei den großen Wissenschaftsverlagen:
Jan Söffner: Das kritische Denken der Intellektuellen verschwindet aus der Öffentlichkeit. Neue Zürcher Zeitung, 29. April 2022
Beitragsbild: siehe Aldine und die Pappe
„[…] history not only of the law but of the world. […] Each one is a treasure to somebody.” (Jocelyn Kennedy)
„It’s so nice, to give students the opportunity to see these materials close up.” (Karen Beck)
UBL Leiden / ARMA Project: Medieval Reads
Im Rahmen eines offiziellen Besuchs in Österreich besuchten der Präsident von Irland, Michael D. Higgins, und seine Frau Sabina Higgins am 7. April 2022 das Schottenstift. Zur Delegation gehörten auch der irische Staatsminister für Europäische Angelegenheiten, Thomas Byrne, und der irische Botschafter in Wien, Eoin O’Leary. Empfangen wurde Präsident Higgins von Altabt Johannes Jung, welcher den aufgrund unvorhergesehener Umstände verhinderten Abt Nikolaus Poch vertrat. In seinen Begrüßungsworten erinnerte Abt Johannes an die gerade in den letzten Jahrzehnten wiedergeknüpften Beziehungen zwischen Irland und dem Schottenstift, an den Besuch des irischen Präsidenten Patrick Hillery im Kloster im Jahr 1986, die lebendigen Kontakte zu irischen Historikerinnen und Historikern sowie die Zusammenarbeit bei verschiedenen Veranstaltungen.
In der Bibliothek wurden den Gästen dann einige mittelalterliche Schriftdokumente zur irischen Periode des Klosters präsentiert. Von seiner Gründung 1155 bis zum Jahr 1418 lebten im Wiener Schottenstift bekanntlich nur irische Mönche, die dem Verband der sogenannten „Schottenklöster“ angehörten. Bereits im 12. Jahrhundert wurde der Gedenktag des irischen Nationalheiligen Patrick im Kloster begangen und auch heute noch wird die alljährliche offizielle Messe zum St. Patrick’s Day der irischen Gemeinde in Wien im Schottenstift gefeiert. Den passenden Rahmen der Bibliothek nutzte Präsident Higgins für die Übergabe eines Gastgeschenks für das Kloster, einer wertvollen Faksimileausgabe einer Handschrift der Irischen Nationalbibliothek Dublin des „Defensorium inviolatae virginitatis Mariae“ des Dominikaners Franz von Retz, welcher im 15. Jahrhundert an der Universität Wien lehrte.
Foto: Maxwells Photography/Áras an Uachtaráin.Nach einem kurzen Austausch mit Schülerinnen und Schülern des Schottengymnasiums bewunderten die Gäste in der Romanischen Kapelle die Reste des ursprünglichen irischen Kirchenbaus sowie die Madonnenstatue „Unsere Liebe Frau zu den Schotten“ aus dem 13. Jahrhundert. Im Anschluss spendete Abt Johannes einen irischen Reisesegen und Mitglieder des Konvents intonierten das „Salve Regina“.
Nachdem sich Präsident Higgins im Gästebuch des Klosters verewigt hatte, überreichte ihm Abt Johannes drei Präsente des Hauses: eine Druckgrafik des 2011 verstorbenen Künstlers Ernst Degasperi, eine Kerze mit einer Darstellung des Vortragekreuzes der Schottenkirche, welches in der Form eines Keltenkreuzes an die irischen Ursprünge des Klosters erinnert, sowie einige Flaschen des klostereigenen Weins Wiener Gemischter Satz DAC „Scottos“.
Foto: Maxwells Photography/Áras an Uachtaráin.Dieser Beitrag erschien am 8. April 2022 parallel auch auf der Website des Schottenstifts (www.schotten.wien). Dort finden sich weitere Fotos des Besuchs.
Ein interessanter Beitrag bei digithek blog (Schweiz), gefunden via Archivalia:
Mit Blogs viel erreichen – Schulbibliotheksarbeit in der Schweiz
Wie cool für die Kids – und wie ungemein ergiebig könnten verleichbare digitale Aktivitäten in Deutschland sein, insbesondere auch für die Schulbibliotheken mit historischen Beständen!
Artikel im Blog Archivamt zur Kooperation von Archiven mit Schulen in Nordrhein-Westfalen und mit der Vorstellung eines Quellenhefts zu einem Thema aus der Geschichte des Kreisgebiets Recklinghausen:
[…] An die Abteilungen des Landesarchivs NRW werden seit Jahren von den Bezirksregierungen Lehrkräfte abgeordnet, die pädagogische Kompetenz und Kenntnis der Bestände des Archivs, an dem sie arbeiten, verbinden und so erfolgreich auf schulische Belange zugeschnittene Module anbieten . […] Nun haben die Archive im Kreis Recklinghausen in Zusammenarbeit mit Lehrkräften aus dem Kreis im Rahmen eines Pilotprojektes ein eigenes Quellenheft über die Aufbruchjahre 1870 bis 1914 im Kreisgebiet herausgegeben. Tatkräftig begleitet und herausgegeben wurde die Publikation von den Bildungspartnern NRW. Das Heft wendet sich […] speziell an die Schulen im Kreis. […]
(Gefunden via Archivalia.)
Gymnasialarchive übrigens könnten, sofern solche an den Schulen noch existieren, durch Schülerinnen und Schüler nebst betreuendem Lehrer auch auf umgekehrtem Wege die staatlichen Archive einer Region womöglich begeistern…?